Gesperrt
4 Beiträge • Seite 1 von 1
Benutzeravatar
Lyssa
Kutner
Kutner
Beiträge: 61
Registriert: Fr 23. Okt 2009, 18:34
Lieblingscharakter: Cameron
Wohnort: Happy Hameron Hausen :D

Disclaimer: I own nothing. :(

This is the History of Gold Dust and Ashes


Kapitel 1

Es gab ein paar Hinweise darauf, dass sie nicht träumte, wie zum Beispiel die Tatsache, dass sie fror und kein Gefühl mehr in der rechten Hand hatte. In den 32 Jahren ihres Lebens hatte sie gelernt, dass einige Dinge im Schlaf unmöglich waren. Schmerz zu empfinden, oder auf dem Boden aufzuschlagen, wenn man fiel… oder aber, ganz einfach zu sterben.

Als sie die Augen öffnete waren da Dunkelheit und das pfeifende Geräusch des Windes. Sie spürte etwas Schweres auf ihrem Bein, hatte aber im ersten Moment nicht die Kraft sich zu bewegen. Allein das Atmen war schon eine Kraftanstrengung, die sie so überhaupt nicht kannte. Sie versuchte sich an die Yoga-Übungen zu erinnern, die sie jeden Freitag machte. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Es waren die Dinge, die sonst immer so selbstverständlich erschienen, die ihr in jenem Moment Probleme bereiteten.
Sie konnte Formen erkennen. Wie die Sitze vor ihr und die Sauerstoffmasken, die von der Decke baumelten und sich zu dem beinahe melodischen Klang des Windes bewegten.

Schwerfällig setzte sie sich auf und ein stechender Schmerz zog durch ihren linken Arm.

Atmung? Flach.

Puls? Zu schnell… Unter den gegebenen Umständen aber noch normal.

Name? Allison Jane Cameron.

Sie sah nach links, doch dort, wo wenige Sekunden, Minuten, Stunden, zuvor noch eine junge Frau gesessen hatte, lag nur noch ein abgetrennter Arm. Cameron kämpfte gegen die Übelkeit an. Sie war Ärztin. Man erwartete von ihr so was zu ertragen. Tatsache war jedoch, dass sie noch nie etwas so schreckliches gesehen hatte. Angewidert schob sie den Arm von ihrem Bein und beugte sich ein Stück nach vorn, um gegen die Übelkeit anzukämpfen, die ihre Glieder entlang kroch und ihr ganz langsam den Verstand raubte.

Irgendwo vor ihr scharrte etwas über künstlichen Boden und sie stöhnte auf, als sie sich selbst in eine aufrechte Position begab. Es war schwer zu sagen, ob sich das Flugzeug bewegte, oder ob sie diejenige war, die wankte. Für einen Moment drohte sie auf jeden Fall den Boden unter den Füßen zu verlieren.

„Hallo?“

Ihre Stimme klang seltsam verzerrt, als würde man unter Wasser schweben.

„Ist da… jemand?“

„Gott Cameron… Schalten Sie mal eine Oktave runter…“

Cameron. Cameron. Cameron. Er kannte sie. Wer auch immer dort… lag… kannte sie. Die Figur richtete sich auf und selbst, wenn sie sie nur schemenhaft erkennen konnte, wusste sie, dass er es war. Ihn würde sie überall erkennen.

„Was… ist passiert?“

Er fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht und nahm sich endlich Zeit sich umzusehen. Das Flugzeug war beinahe leer. Nur einige Sitze waren bevölkert von menschlichen Überresten. Es roch nach verbranntem Fleisch, doch die Kälte um sie herum, gab ihnen das Gefühl, als sei das alles schon eine ganze Weile her.

House humpelte auf sie zu, während er versuchte das Gleichgewicht mit Hilfe der, ihn umgebenen, Sitze zu halten.

„Keine Ahnung… Das Letzte woran ich mich erinnern kann war, als wir in Princeton ins Flugzeug gestiegen sind. Was ist mit Ihnen?“

Sie runzelte die Stirn. Das Letzte? Sie versuchte nachzudenken. Da waren Erinnerungen an ihren Bruder und ihren Mann. An ihre Katze und… unzählige Patienten. Flugzeug. Wollten sie verreisen? Sie öffnete den Mund, um zu antworten, fand jedoch keine passenden Worte. Aber womöglich war es auch einfach die Angst, die ihr die Kehle zuschnürte. Manchmal wusste man einfach, dass es zu Ende ging.

„Cameron?“

Sie schaute auf. Es war das Funkeln seiner Augen in der Dunkelheit, das ihr dabei half sich zu konzentrieren. Zumindest ein wenig.

„Tut mir… Leid… Ich weiß nicht mehr… Glaube ich…“

House schnaubte abfällig. Zumindest etwas Tröstliches in dieser Situation. Einige Dinge würden sich nie ändern. Cameron stolperte über die eigene Füße, als sie einen Schritt nach vorn machte. Es war eine unangenehme Situation, als House nach ihr griff und sie praktisch auffing. Sie, die sich kaum aufrecht halten konnte und er, der sowieso nicht auf beiden Beinen stehen konnte…

„Sind Sie verletzt?“, fragte er barsch, als er sie in einen der freien Sitze drückte.

„Mein… Arm. Ich glaube er ist gebrochen und…“

„Was?“

„…noch ein paar Rippen. Aber ich bin… okay…“

House nickte knapp, auch wenn er es ihr nicht wirklich abnahm.

„Wir sollten im Cockpit nachschauen, ob das Funkgerät noch funktioniert. Können Sie gehen?“

Sie nickte, als sie sich von ihm löste. Es würde funktionieren. Wenn sie sich etwas Mühe gab. Seufzend gingen sie durch die leeren Gänge und versuchten wohl Beide den Leichen, die sie umgaben, nicht in die Gesichter zu sehen.

Während House sich bei den Piloten umsah, rutschte sie auf den Boden und starrte auf ihre Hand. Seit sie die Augen geöffnet hatte, hatte sie gespürt, dass etwas nicht in Ordnung war. Manchmal war es aber das Schwerste sich der Realität zu stellen. Ihr Arm zitterte und sie spürte ein merkwürdiges Brennen in ihren Augen. Während sie langsam ihren Schal von ihrer Hand wickelte stellte sie fest, dass es wohl ein Flugzeugfragment war, das sich durchs Fleisch gebohrt hatte. dort, wo wenige Stunden noch ihr Zeigefinger gewesen war, klaffte jetzt lediglich ein großes Loch. Ihr Magen drehte sich, als das warme Blut langsam das Handgelenk hinab lief. Es war dieser Anblick, der sie lähmte und es ihr einfach unmöglich machte sich zu rühren.

„Cameron!“

Sie zuckte zusammen, als er sich ziemlich ungelenk vor sie kniete. Die Empathin in ihr spürte den Schmerz im Bein, ebenso wie er.

„Da…s Funkgerät?“, fragte sie lautlos.

„Funktioniert nicht. Draußen ist die Hölle los. Keine Ahnung, was hier los ist…“

Seine Hände glitten in einer Präzision über ihre Wunde, die sie erstarren ließ. In dem dämmrigen Licht überhaupt etwas zu erkennen, war beinahe unmöglich. Bei ihm wirkte es so schrecklich leicht und sie fragte sich nicht zum ersten Mal, in wie weit er überhaupt noch ein Mensch war.

„Dank…e“, murmelte sie.

„Sie werden jetzt wohl nicht mehr in der Notaufnahme arbeiten können. Wird Ihnen wohl nichts anderes übrig bleiben, als in die Diagnostik zurück zu kommen…“

„Ihr Mitgefühl ist entzückend…“

Er schielte zu ihr hoch und schenkte ihr ein Grinsen, das ihr den Boden unter den Füßen wegriss.

Vielleicht würde es ja gar nicht so schlimm werden.

TbC
Zuletzt geändert von Lyssa am Mi 17. Nov 2010, 22:15, insgesamt 2-mal geändert.
Bild
Benutzeravatar
Lyssa
Kutner
Kutner
Beiträge: 61
Registriert: Fr 23. Okt 2009, 18:34
Lieblingscharakter: Cameron
Wohnort: Happy Hameron Hausen :D

Kapitel 2

Für sie war es immer einfach gewesen mit House zu sprechen. Vielleicht lag es daran, dass sie sich doch irgendwie ähnelten, oder daran, dass sein bester Freund ihr so ähnlich war. Auch wenn sie es nie angesprochen hatten waren sie dankbar dafür gewesen jemanden zu haben, mit dem sie ihre Gedanken teilen konnten.

Nun, in dieser Situation, war es anders. Sie starrte ihn an, als müsste er die Antworten auf alle Fragen haben.

Er hingegen war der Meinung, dass sie wohl am Besten mit solchen Situationen umgehen können musste, denn letztendlich war sie diejenige, die Dinge wieder in Ordnung brachte und er war derjenige, bei dem alles im Chaos endete.

Sie saßen sich gegenüber und führten eine innerliche Debatte darüber, was sie als nächstes tun sollten. An diesem Ort bleiben und sterben oder hinausgehen und sterben.
Hier, hier, in diesem Chaos, das jegliche Berechenbarkeit ihres Lebens gestohlen hatte, war er eine Konstante und sie hasste es. Cameron versuchte nicht über den Tod und das Sterben und das Leben nachzudenken – ihr Verstand konzentrierte sich auf die wenigen Erinnerungen, die noch zurück geblieben waren und sie jagten. Es erinnerte sie an das Gefühl zu ertrinken, blind in den eigenen Wahnsinn zu verfallen. Sie konnte es nicht erklären, aber so waren die Dinge und sie konnte nichts daran ändern.

Also atmete sie einfach weiter.

Sie atmete und erhob sich, ein schmerzhaftes Stöhnen die einzige Erinnerung daran, wo sie war und warum. Sie wanderte zur Tür und drehte sich mit einem unsicheren Seufzer zu ihm.

„Ich werde nicht an diesem Ort sterben…”, murmelte sie lautlos.

„Also was? Sie werden da draußen sterben?“

Sie zuckte geschlagen mit den Schultern. Keine Option war optimal, aber die Tatsache, dass es ihm hier ebenso ergehen würde wie ihr da draußen machte die Entscheidung einfach. Für ihn war es anders, denn sich mit seinem Bein in dem Schneechaos fortzubewegen war eine Herausforderung und sobald diese ihn betrafen, zog er sich zurück. Da er ein Genie und Leben so vorhersehbar war, fiel es ihm viel leichter als anderen sich davor zu verstecken.

Sie musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass er zwei Vicodin schluckte, ehe er sich in eine aufrechte Position zwang.

„Die Pillen werden nicht ewig halten…“, murmelte sie lautlos, als sie die Tür öffnete.

„Wir werden nicht ewig leben.“

Sie nickte knapp, als sie nach draußen trat. Seine Worte hinterließen einen bitteren Beigeschmack und die Erkenntnis, dass sie vermutlich nicht einmal lang genug leben würden, um ein Haus zu erreichen. Natürlich hatte sie es in Betracht gezogen einfach im Inneren des Flugzeuges zu bleiben. Dort waren sie sicher, umgeben von Leichenteilen und dem Geruch von Verwesung… Es war die Tatsache, dass weder Funkgerät, noch Licht, noch Handy funktionierten, fast so, als hätte man sich einfach plötzlich dazu entschieden auf technische Entwicklungen zu verzichten. Hätte sie an Gott geglaubt, hätte sie vielleicht sogar gebetet.

„Wohin?“

Der Grund, aus dem sie ihn fragte war einfach. Er war letztendlich derjenige, der immer eine Antwort auf alles hatte.

„Spielt das wirklich eine Rolle?“

„Vermutlich nicht…“

Der Schnee reichte ihr über die Knöchel, aber es war einfacher sich vorwärts zu bewegen, als sie angenommen hatte. Sogar für ihn. Es war ruhig und kalt und nass. Sie versuchte sich auf das knirschende Geräusch des Schnees unter ihren Füßen zu konzentrieren. So war es einfacher, als sich alle zwei Minuten zu House umzudrehen und zu überprüfen, ob er überhaupt noch da war. Die Wunde an ihrer Hand pulsierte und sie wusste, dass der provisorische Verband vermutlich blutdurchtränkt war. Aber das Alles schien sowieso keine Rolle mehr zu spielen.

Da hing eine unausgesprochene Frage in der Luft, die es ihr schwer machte sich auf den Beinen zu halten. Sie hielt inne und starrte auf den Boden, während House neben sie trat.

„Was?“

Es klang schroff, doch er war er und das war tröstlich.

„Ich… weiß nicht, was passiert ist, aber… Es gibt keinen Strom und keinen Funk und keine Handys und alles ist dunkel und voller… Schnee…“

„Folgt darauf jetzt noch eine Frage, oder stellen Sie einfach die Fakten klar?“

„Denken Sie… es… da ist etwas passiert? Etwas Größeres?“

Sein Blick penetrierte sie und heiße Schauer liefen über ihren Rücken, als sie unsicher mit der Hand über den Saum ihrer Jacke strich.

„Cameron…“

Sie sah auf und da waren wieder diese blauen Augen und das überhebliche Grinsen… Es half ihr dabei sich zu entspannen und sich auf das hier und jetzt zu konzentrieren. Was auch immer passiert war… Sie würden es erfahren oder nicht. Im Moment war es lediglich irrelevant, denn es änderte nichts an der Situation.


Sie nickt knapp und setzte sich wieder in Bewegung. Der Schnee sickerte durch ihre Schuhe und sie war diejenige, die es nicht mehr ertragen konnte und einfach nach seiner Hand griff.

„Ich hab… Angst…“

Ihre Stimme wurde einfach vom Wind davon getragen und sie fragte sich, ob er sie überhaupt gehört hatte, doch sein Griff um ihre Finger verfestigte sich. Sie hob den Blick und betrachtete nachdenklich ihre Umgebung. Als Kind hatte man ihr beigebracht, dass wirklich weißer Schnee blaue Schatten wirft – niemals grau. Doch hier, gefangen in einer Wüste aus Nichts uns Allem wirkte alles farblos. Selbst Blut, das langsam auf den Boden tropfte schien jegliches Leben verloren zu haben. Da waren Bäume und Felsen und Berge und Täler. Keine Häuser. Kein Leben. Nicht einmal ein Vogel. Nur Schnee und Eis und Wind.

Wenn das Ende der Welt existierte, so befanden sie sich am Abgrund und während alle anderen bereits hinab gestürzt waren hielten sie sich verzweifelt an der Möglichkeit fest, dass der Aufprall vielleicht nicht so hart sein würde.

TbC
Zuletzt geändert von Lyssa am Mi 17. Nov 2010, 22:19, insgesamt 1-mal geändert.
Bild
Benutzeravatar
Lyssa
Kutner
Kutner
Beiträge: 61
Registriert: Fr 23. Okt 2009, 18:34
Lieblingscharakter: Cameron
Wohnort: Happy Hameron Hausen :D

Kapitel 3

Sie hatte im College aufgehört zu rauchen. Nach dem Tod ihres Mannes und den Prüfungen. Aber dies war eine jener Situationen in denen sie sich in eine Schachtel Zigaretten hätte verlieben können. Sie seufzte, als sie den Blick gen Himmel richtete. Die Wolken hingen tief am Himmel, fast so als versuchten sie, sie noch ein Stück tiefer gegen den Boden zu pressen. Ihre Hand löste sich aus der von House und sie spannte ihre Muskeln an, um zumindest ein Stück weit wieder Gefühl in den Fingern zu bekommen.

„Was?“

Sie zuckte mit den Schultern, denn in jenem Moment war sie mit seiner direkten Art schlichtweg überfordert. Tatsache war, dass sie Beide wohl nie für diese Art von Beziehung geschaffen waren…

Ein Teil von ihr hatte gehofft, dass House zurück bleiben würde, das hätte zumindest die Chance erhöht, dass einer von ihnen überlebte. Wissen ist immer der Beginn des Chaos, alte Angewohnheiten wurde man schwer los und während sie versuchte zu raten…war sie irgendwie außer Übung, wenn das letztendlich überhaupt noch relevant war.

Mit seltsam, mutigen Anläufen, versuchte sie sich seiner Anwesenheit bewusst zu werden. Für sie war es ein Spiel, aber sie hatte vergessen, dass die Regeln zwischen ihnen schon immer aus leeren Worten bestanden hatten.

Der Schnee reichte ihr mittlerweile bis über die Knöchel und ihre Hose fühlte sich schrecklich schwer an, während sie sich stumm weiter vorwärts kämpften. Mittlerweile hatte der Wind sich so verstärkt, dass sie im Schneesturm kaum noch die Hand vor Augen sehen konnte. Es schien so surreal, dass die einzige Erinnerung an die Realität, der Schmerz in ihrer Hand war. Jedoch gab es ihr nicht das befriedigende Gefühl eines klaren Verstandes zurück. Im Gegenteil. Sie fühlte, wie sie sich selbst mit jedem Schritt ein Stück weit mehr verlor und House die einzige Konstante zu sein schien, die sie noch mit dieser Welt verband.

„Haben Sie es sich so vorgestellt? Das Ende?“

Sie sprach so leise, dass sie daran zweifelte, dass er sie über den Wind hinweg gehört hatte, doch er drehte sich zu ihr, als sei es das Natürlichste der Welt und als hätte er nie etwas anderes getan – sich zu ihr drehen und ihre Hand zu greifen, um ihr den Weg zu zeigen, durch die Wirren des Lebens und die Stadien des Chaos.

„Wie es aussieht ist irrelevant… Nur, dass es da ist, ist wichtig…“

Sie zog sich die Kapuze ihrer Jacke tiefer ins Gesicht, als sie ihm lautlos hinterher lief, durch eine Einöde, die bis zu diesem Zeitpunkt nur in ihrem Kopf existiert hatte.

Für sie glichen die Schneeflocken, die sich im Wind umher tummelten kleinen Bomben, die vor ihren Augen explodierten und das Leben in ein Chaos tauchten, das seines Gleichen suchte. House grunzte etwas unverständliches, als er beinahe nach hinten fiel und sie unter seinem Körper begrub.

Sie versuchte die endzeitlichen Gedanken aus ihrem Kopf zu verbannen, denn einzig darüber nachzudenken würde das Problem nicht aus der Welt schaffen können. Es war, als würde man versuchen die Welt allein durch Willenskraft zu verschieben.

Rückblickend stellte sie fest, dass ihre Beziehung vielleicht gar nicht so schlecht gewesen war. Wenn man die Tiefen betrachtete, so stellte sie fest, dass die Verletzungen, die er ihr zugefügt hatte doch keine Narben hinterlassen hatten. Ob er sich von vorneherein darüber bewusst gewesen war, oder sie letztendlich doch die Stärke war, schien irrelevant. Wichtig war, dass sie sich nun hier befanden und er derjenige war, der sich immer wieder zu ihr umdrehte, als sei sie der Anker, der ihn davon abhielt erneut in Wahnsinn zu verfallen. So viel zum Thema Abhängigkeit.

Sie hatte mittlerweile jegliches Gefühl in Armen und Beinen verloren und zweifelte daran, dass es ihm besser ging, denn er schien mit jeder Sekunde, die verging mehr zu schwanken – als würde die Last des eigenen Körpers unerträglich werden.

Die Finger ihrer rechten Hand spielten, in der Jackentasche vergraben, eine Melodie, die sie selbst nur in ihrem Kopf hören konnte.

Takt 1, 2, 3 – überspringe 4, 5, 6.

„Mein Vater war Pastor…“, sagte sie leise, als sie nach seiner Hand griff.

„Ich suche den Subtext…“

„Sollte ich nicht dazu in der Lage sein, zu beten?“

House zuckte mit den Schultern. Aber woher sollte er es auch wissen? Er war ja derjenige, der Heiligen gegenüber nie den Respekt erwiesen hatte, den sie vielleicht verdienten. Andererseits hatte er das auch bei Sebastian Charles nicht getan. Somit gab es wohl gar nichts, was man von ihm erwarten konnte. Schon gar keine Antwort, auf eine so fundamentale Frage.

„Ist es für Sie in diesem Moment wichtig?“

„Ich… weiß es nicht…“

„Wenn Sie es nicht wissen, wie soll ich es dann beantworten?“

„Sie sind doch derjenige, der sich immer damit gebrüstet hat zu wissen, was ich denke… Sogar, bevor ich es wusste…“, murmelte sie trocken.

„Glauben Sie an Gott?“

„Nein…“

„Dann ist die Frage einfach nur dekadent…“

„Es geht um den Akt!“

„Schwachsinn. Es geht darum, jemanden um etwas anzubetteln und Erlösung zu finden. Sie selbst kommen hier nicht raus und Erlösung können Sie auch nicht in sich selbst finden. Also wenden Sie sich an ein anthromorphes Irgendwas, das sich über Alles erhebt. Das soll Hoffnung geben. Wenn Sie aber nicht daran glauben, ist beten bedeutungslos…“, antwortete House ruhig und stapfte weiter.

Man konnte nur einen gewissen Grad an Verzweiflung ertragen und Cameron hatte das Gefühl in jenem Moment zusammenbrechen zu müssen. Der Gedanke die ganze Situation nicht zu überleben und ihre Familie nie wieder zu sehen war mehr als sie ertragen konnte. Sie spürte Tränen in den Augen, die schließlich wie kleine Eiskristalle an ihren Wangen festfroren. So war sie beinahe dazu in der Lage der Welt ein Stück ihrer Dramatik zu rauben.

Es kam ein Zeitpunkt, zu dem sie nichts anderes übrig hatte, als stehen zu bleiben. Kraftreserven waren begrenzt und sie hatte zu viel von sich selbst zurückgelassen, um sich noch aufrecht zu halten. Ein Straucheln und Schnee, der ihren Körper zu verschlingen drohte…

House hielt inne und schien im ersten Moment nicht zu wissen, was er hätte tun sollen. Ermutigende Worte existierten in seiner Welt nicht, also blieb er einfach stehen und starrte auf sie hinab. Für einen Bruchteil konnte sie ganz klar sehen. Seine Turnschuhe, die schmutzige Erde unter der Schneedecke, den grauen Himmel. Sie blinzelte gegen den kalten Wind und schüttelte den Kopf, denn Halluzinationen schienen sich in ihrem Kopf festzusetzen.

„Ich…“

„Was?“

Für einen Moment erlaubte sie sich in Houses Gesicht zu sehen, ehe sie sich erhob.

„Sie sind so ruhig…“, flüsterte sie leise.

„Sie stehen…“, entgegnete er erleichtert.

Sie glaubte in der Entfernung, zwischen umgestürzten Bäumen und Felsen ein Haus entdecken zu können, aber sie schob es auf ihren verzweifelten Verstand, denn wieso sollte sich im Nichts ein Haus befinden. Sie strauchelte und ihr war es beinahe unmöglich zu atmen, als sich seine Hand wie ein Schraubstock um ihren Arm legte und sie ein Stück zurück zog. Dies war die Geschichte ihrer Beziehung. Irgendwie. Sie löste sich von ihm und er zerrte sie zu sich, ohne, dass sie sich hätte wehren können.

TbC
Zuletzt geändert von Lyssa am Mi 17. Nov 2010, 22:20, insgesamt 1-mal geändert.
Bild
Benutzeravatar
Housekatze
House
House
Beiträge: 1558
Registriert: Mi 21. Okt 2009, 21:00
Lieblingscharakter: House
Lieblingsepisode/n: 1x06, 2x02, 4x01, 4x16, 5x24, 6x20, 7x03
Fox-Gucker: Nein

Mehr als ein Jahr inaktiv. Wird deshalb geschlossen. Wenn jemand hier weiterschreiben möchte, bitte eine PN an mich.